Eine Reise um die Welt - Meine "Big Five"
„Suche nicht, dann findest Du.“
Im Mai 2022 entschloss ich mich, meinen Job zu kündigen und Reisen zu gehen. Mindestens 5 Monate und einmal um die Welt. Dabei sollte es mit Peru, Bolivien, Hawaii, Australien, Neuseeland und Vietnam vor allem in Länder gehen, die für einen gewöhnlichen Jahresurlaub weniger in Frage kommen. Ich wusste, mit der Reise soll sich etwas verändern. Ein konkretes Ziel und Erwartungen für die Zeit danach gab es nicht. Nicht wirklich.
Im Folgenden möchte ich Dir meine persönlichen „Big Five“ der Reise vorstellen. Dabei wird es sich weniger um seltene Tierarten, die tollsten Strände oder spektakuläre Aussichten handeln. Vielmehr geht es um die wichtigsten Erkenntnisse und positiven Effekte, die ich durch meine Zeit in weiter Ferne gewonnen habe. Spielst Du mit dem Gedanken, einen längeren Trip zu unternehmen, dann sollen Dich die untenstehenden Punkte ermutigen.

#1 Selbsterkenntnis
Der Gedanke und Entschluss, meine berufliche Karriere auf Eis zu legen und eine Weltreise zu starten, kam nicht von heute auf morgen. Vor meiner Kündigung hatte ich lange Zeit zunehmend das Gefühl, etwas verändern zu müssen. Obwohl ich gerade erst befördert wurde und in meine neue Wohnung eingezogen bin, war ich nicht wirklich zufrieden. Ich war auf der Suche, wusste aber nicht wonach. Ich wusste nur, dass ich mehr von dem tun musste, was ich gut kann und gerne mache.
Nach etlichen Vorstellungsgesprächen wurde mir klar, dass ich mein Glück mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im nächsten Job finden werde. Schließlich bekam ich vor allem solche Stellen angeboten, die meiner damaligen Arbeit sehr ähnlich waren. Viel überzeugender und entlastender war die Idee, erstmal Abstand vom gewohnten Alltag zu nehmen und die Welt zu erkunden. Auf meinen Fernreisen nach Südafrika und Indonesien in den Jahren 2017 und 2018 habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass man während der Zeit unterwegs enorm viel für sich mitnehmen kann. Und davon wollte ich mehr.
„Zufriedenheit und Selbsterfüllung erreicht man nicht, wenn man zu sehr danach strebt.“
Rückblickend kann ich sagen, dass ich mich damals zum Glück nicht geirrt habe. Vielmehr ist mir aufgefallen, dass man sich selbst mit seinen Stärken und Leidenschaften schnell aus den Augen verlieren kann. Man strebt nach persönlicher Erfüllung und einem besseren Leben, indem man täglich das tut, was andere von einem erwarten. Dabei vergisst man aber, was man wirklich will, was man wirklich kann und wer man wirklich ist. Durch das Reisen bin ich meiner Liebe zur Natur, zum Wandern und Fotografieren ein großes Stück näher gekommen. Ich habe Hobbys dazugewonnen und viel über mich selbst gelernt. Nicht durch Druck, sondern durch Loslassen.
#2 Dankbarkeit
„Höher, schneller, weiter“ – in vielen Bereichen sehnen wir uns danach, immer besser zu werden. Wir wollen mehr Erfolg im Beruf, gehen am besten jeden Tag zum Sport und führen außerdem ein perfektes Sozialleben. Gestärkt wird der Drang zur Selbstoptimierung dann durch auffordernde Werbung und die perfekte Inszenierung anderer, die auf Social Media ihre nächste Beförderung feiern oder ihren makellosen Körper zur Schau stellen.
Erst nach der Weltreise wurde mir bewusst, wie gut ein „Cut“ von der täglichen Routine tun kann. Es war unglaublich befreiend, keine unzähligen Stunden mehr am Handy zu verbringen oder sich immer wieder über den nächsten Karriereschritt Gedanken zu machen. Beim Entdecken fremder Länder und Kulturen bleibt gar keine Zeit, sich mit den üblichen Angewohnheiten zu beschäftigen. Vielmehr fokussiert man sich auf das Positive im Leben und man beginnt ganz automatisch, die kleinen Dinge wieder mehr zu schätzen. Neue Landschaften zu erkunden, das leckere Essen zu genießen oder sich über das schöne Wetter zu freuen, das ein paar Tage auf sich warten ließ.
„Glücklich sind nicht die, die alles haben, sondern die, die zu schätzen wissen, was sie haben.“
Besonders beim Reisen in unbekannte und teils ärmere Länder wurden mir die Kontraste zu unserer „Welt“ sehr deutlich. Man merkt schnell, dass Menschen ohne Traumjob und Luxusuhr durchaus zufrieden sein können. Man merkt auch, dass man sich ohne TV und Smartphone mindestens genauso gut beschäftigen kann. Und man fängt an, sich wieder mehr auf die wirklich wichtigen Aspekte des Lebens zu besinnen.

#3 Überwindung
Zuhause im Alltag haben wir mit der Zeit viele Automatismen etabliert. Wir haben unseren Lieblings-Supermarkt, den bekannten Weg zur Arbeit, die immer gleiche Joggingrunde und unser vertrautes Umfeld. Selten passiert etwas Unvorhergesehenes, bei dem wir unsere Comfort-Zone verlassen und neue Strategien entwickeln müssen. Wir fühlen uns einerseits zwar sicher und geborgen, bekommen aber wenig Reiz von außen und werden oft nicht richtig gefordert.
Vor allem zu Beginn der großen Reise war ich überwältigt von all den Eindrücken. Das Kennenlernen fremder Kulturen, die unzähligen Naturhighlights und das Knüpfen neuer Kontakte haben meine Zeit um ein Vielfaches länger erscheinen lassen. An keinem Abend wusste ich, was mich am nächsten Morgen erwartet. Stattdessen war jeder Tag ein riesiges Abenteuer mit völlig neuen Herausforderungen und Aufgaben.
„Das Leben beginnt dort, wo man seine Grenzen überwindet.“
Natürlich muss man sich an die neuen Umstände erstmal gewöhnen. Jeden zweiten Tag den Schlafplatz zu wechseln, sich in wildfremden Metropolen zurechtzufinden oder anspruchsvolle Berge zu erklimmen, bringt vermutlich die meisten an ihre Grenzen. Für mich entstanden aber vor allem da die Momente, an die ich mich besonders gerne zurückerinnere. Noch nie zuvor hatte ich das Gefühl, so sehr über meinen Schatten springen zu müssen. Ich hatte aber auch nie zuvor das Gefühl, so sehr am Leben teilzuhaben.
#4 Energie
Im Berufsleben fiebert man oft wochenlang dem letzten Arbeitstag entgegen und man kann es kaum erwarten, endlich in den wohlverdienten Jahresurlaub zu starten. Meist hat man zwei bis drei Wochen Zeit, um abzuschalten und sich den Dingen zu widmen, die normalerweise auf der Strecke bleiben. Doch kaum sind ein paar Urlaubstage vorbei, kreisen die ersten Gedanken schon wieder um das Arbeitsleben, zu erledigende Aufgaben oder die Heimkehr der langersehnten Reise.
Für mich war es damals ein ganz besonderes Gefühl, wegzufahren und nicht zu wissen, wann ich wieder zurückkomme. Das Ende meiner Auszeit lag so weit weg, dass ich so gut wie nie an meine Verpflichtungen zuhause denken musste. Vielmehr ging es darum, die Tage so zu gestalten, wie ich es wollte. Ich konnte mich einzig und allein auf das Hier und Jetzt der Reise fokussieren und es war so, als hätte ich zum ersten Mal erfahren, was „Erholung“ wirklich bedeutet.
„Nichts bringt einen weiter voran als eine Pause.“
Um ehrlich zu sein war ich mir sicher, dass ich das Ende meines großen Abenteuers sehr bedauern werde. Das Gegenteil war der Fall. Die Freude auf das Leben zuhause und die damit verbundenen Herausforderungen war riesig. Ich fühlte mich motiviert und hatte Lust wieder zu arbeiten, mich weiterzuentwickeln und meinen neuen Hobbys nachzugehen. Heute weiß ich, dass mir nichts auf der Welt so viel Kraft und Energie hätte geben können, wie ich es durch meine Weltreise erfahren durfte.
#5 Zuversicht
Es gibt Phasen im Leben, die einen fordern, bedrücken oder gar an den Rande der Verzweiflung bringen können. Oft liegen die Gründe auf der Hand und man kann versuchen, dagegen anzukämpfen und mit der Situation umzugehen. Teilweise kann man die Ursache des Problems allerdings nicht richtig nachvollziehen und man tut sich schwer, optimistische Gedanken zu fassen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Wie im Abschnitt #1 Selbsterkenntnis beschrieben, war ich in der Zeit vor meiner Weltreise nicht wirklich zufrieden und ausgeglichen. Ich wollte eine Veränderung, wusste aber nicht wie. Erst der Gedanke, alles loszulassen und Reisen zu gehen, hat mir auf meiner Suche nach Lösungsansätzen geholfen und meinen Weg entscheidend beeinflusst. Getrieben wurde ich dabei immer von einem Wunsch: Das tun, was mir Spaß macht und worin ich gut bin, solange ich die Möglichkeiten dazu habe.
„Steinige Wege führen meist zu den schönsten Orten.“
Wäre es mir damals immer gut gegangen, wäre ich heute nicht da wo ich bin. Ich hätte immer noch den gleichen Job, deutlich weniger Kenntnis über mich selbst und kaum eine Ahnung davon, wo ich wirklich hin möchte. Für mich ist es enorm wichtig geworden, mir regelmäßig schöne Dinge vorzunehmen und Ziele zu setzen, die sich auf meine eigenen Stärken und Leidenschaften beziehen. Jede Krise hat etwas Positives, wenn man die für sich richtigen Schlüsse zieht und erkennt, wie wertvoll eine solche Phase ist.